Sabine Nielsen
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Mit einem Schuss Wermut

11/7/2017

 
In den 60er Jahren erreichten meine Eltern einen gewissen Wohlstand. Sie bauten ein Haus, das für Föhrer Verhältnisse ungewöhnlich war. Ein junger Architekt, der aus Amerika zurückgewandert war, machte einen Entwurf, den ich später in Australien oft wiederfand, und der dort als “open living” bekannt ist. Mit einer großen Diele (family room), die sich zu einem weitläufigen Wohnzimmer öffnete.
Die Fenster hatten die Größe von Schaufenstern und oben gab es vier Schlafzimmer und zwei Badezimmer! Eins ‘en suite’ für meine Eltern mit einem Ankleideraum und eins für uns vier Kinder.
Für eine Weile schienen meine Eltern befreiter, fröhlicher – als ob die dunklen Kriegserinnerungen endgültig ausgewischt waren. Zu der Zeit führte mein Vater “Drinks” am Abend ein. Er hatte mehrere Jahre als POW in Amerika verbracht, und ich glaube, er träumte davon, eines Tages in die USA zurückzukehren.
Seine Sammlung amerikanischer Literatur, seine Jazz LPs und ja, die “Drinks”nach dem nach dem Abendessen überlebten seinen Traum als Einzigstes.
Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, scheint es mir, als ob meine Mutter dann in ein Cocktailkleid schlüpfte und mein Vater ein frisch-gestärktes Hemd mit offenem Kragen trug. In dieser Vision tanzen sie zu Nina Simone oder lauschen den Klängen Louis Armstrongs … Die hohen Gläser aus dickem Glas, befrostet von den klirrenden Eiswürfeln, gehören auch dazu. Jahre später hüteten sie eine dunkle Ecke im Wohnzimmerschrank.
Um die Drinks vorzubereiten, baute mein Vater mehrere Flaschen mit exotischen Etiketten, die besagten Eiswürfel und Löffel mit langen Stilen auf. Die eine Flasche enthielt Gin, die beiden anderen je eine rote und eine klare Flüssigkeit.
“Und nun einen Schuss Wermut,” sagte mein Vater – und klang wie ein Mann der Welt.
“Wermut” – ich liebte dieses Wort! Es klang fremd und kultiviert. Es versprach einen Geschmack, fern von Bier-ausschenkenden Kneipenwirten – es klang nach bitter und deutete Melancholie an.
​Wie W e h -mut.
Und ist es mit einem Schuss ‘Wermut’ – oder Wehmut -, dass wir uns auf den Abschied von Australien vorbereiten.

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Unser Haus entfremdet sich

10/2/2017

 
Unser Briefkasten, der heutzutage, im Zeitalter der unablässigen elektronischen Kommunikation, den Status eines Frührentners angenommen hat und tagelang gelangweilt vor sich hin döst, wird neuerdings durch vollkommen unerwartete und nicht angeforderte Posteinwürfe aus seinem  Schlummer erweckt. 
Wenn wir, getrieben von der Macht der Gewohnheit, seine Klappe heben, werden wir plötzlich mit einem Packen von Postsendungen belohnt. 
“Zwei Männer mit einem Lastauto”, “Ein Mann mit einem Wagen” und nationale und internationale Umzugsfirmen in allen Größen bieten ihre Dienste an. Sowie Hausreinigungsfirmen, die sich auf den “Endputz” spezialisieren; ein “Mann für alles”, der kleine und große Reparaturen am Haus sofort erledigen kann, und ein “Maler to go”, der unser Haus “auffrischen” möchte.
​Es gibt sogar Firmen, die anbieten, das Haus “zu waschen”!
Diese überraschende Aufmerksamkeit verdanken wir unserem Haus- und Grundstücksmakler und seinen Bemühungen, unser Haus mit Hilfe der World Wide Web und einem großen Schild an der Straße an den Markt zu bringen. 

Denn ein weiterer Schritt  auf unserem Weg “zurück in die Zukunft”, zurück auf unsere Heimatinsel Föhr, erfordert den Verkauf unseres Hauses hier in Melbourne. ​

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Wir entrümpeln unser Leben

18/1/2017

 
Das Erste, von dem wir uns trennen, ist mein geliebter Lesesessel. 
Bezogen in einem dezent geblümten, gemäß dem Alter  des Sessels leicht verblichenem, englischem Leinen, war er mein vertrauter Geselle mancher ausgedehnter Lesestunde. Aus den 50er Jahren stammend, trug er seine  behäbigeEckigkeit und seine breiten Armlehnen mit stolzer Fassung. Sein aufgeplustertes Sitzkissen, das einen seufzend empfing, in das man hinein sank, bot stets ein freundliches Willkommen.
Gefunden hatten wir ihn auf dem Flohmarkt – für $50 war er geschenkt. Der Händler lieferte ihn sogar frei Haus. Wahrscheinlich war er froh, dass er ihn nicht noch einmal hin- und herfahren musste.
​Jedoch, nun beginnt unsere “Reise zurück in die Zukunft” in allem Ernst– wir kehren nach Deutschland zurück, nachdem wir über 60 Jahre (mein Mann), bzw über 40 Jahre (ich) hier in Melbourne verbracht haben – und wir entrümpeln unser Leben.
Jedoch, nun beginnt unsere “Reise zurück in die Zukunft” in allem Ernst– wir kehren nach Deutschland zurück, nachdem wir über 60 Jahre (mein Mann), bzw über 40 Jahre (ich) hier in Melbourne verbracht haben – und wir entrümpeln unser Leben.

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Eine Kindheit im Haus Rungholt*

10/10/2016

 
​Wie stehen die Chancen, in Australien einen Föhrer zu treffen, dem genau wie mir ein Bild vor den Augen schwebt, wenn er an die Insel Föhr denkt – das der Halligen, die zwischen Föhr und dem Festland in der Nordsee schwimmen? 
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​Wie stehen die Chancen, in Australien einen Föhrer zu treffen, dem genau wie mir ein Bild vor den Augen schwebt, wenn er an die Insel Föhr denkt – das der Halligen, die zwischen Föhr und dem Festland in der Nordsee schwimmen? Mal verschwommen im Dunst, manchmal so klar, dass sie sich wie gestochen gegen den blauen Himmel erheben. Manchmal blitzt die Sonne in den blank-geputzten Fensterscheiben, als ob sie eine Nachricht senden wolle. 
Und manchmal scheinen die Halligen wie eine Fata Morgana über dem Meer zu schwimmen – “Das ist ein Zeichen, dass das Wetter sich ändert,” pflegte meine Tante dann zu sagen.
Nicht nur einen Föhrer, sondern jemanden, der das gleiche Bild in sich trägt, habe ich hier, mitten in Melbourne, getroffen.


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Das ist ja kriminell

5/10/2016

 
“Nicht mehr als eine flache Mulde im Gras deutete an, dass hier einmal die Erde gestört worden war. Nichts wies darauf hin, dass hier ein Mensch begraben lag.” ​
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Für alle Föhr-Krimi-Freunde, mein erster Föhr Krimi,
Ebbe, Flut und Tod,
​ist endlich neuaufgelegt und wieder im Buchhandel und on-line erhältlich.

Zwei Detektivinnen im fortgeschrittenen Alter – die eine auf dem  Elektromobil, die andere verlässt selten das Haus?  Keine Hindernisse für Willa und Ruth! Als ihre Nichte im fernen Australien eine Deutsche mit einer zwielichtigen Familiengeschichte trifft, da schreiten Ruth und Willa ein – zumal die Spur nach Föhr führt. Was für ein Geheimnis ruht dort – verborgen … ? 
Unterstützt von ihren Nichten – Fritzi, Kerrin, Ose und Ane – lassen die beiden Damen nichts unversucht, bis sie die schreckliche Wahrheit aufdecken.

Neuauflage im ihleo verlag, Husum, September 2016
Im Buchhandel erhältlich  
​€ 16,95



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Euthanasie – das Recht zu leben oder zu sterben?

10/9/2016

 
Euthanasie (aus dem Griechischen):  ‘schöner Tod’
Frisch zurück in Australien erhalte ich eine Einladung von Christian Froehlicher, dem Executive Producer des SBS German Radios, an einer Diskusssionsrunde in dem Programm mit dem schönen Titel “Gott und die Welt” teilzunehmen. 
Christians Einladungen folge ich gern – die Gesprächsrunden sind immer lebhaft, die Themen aktuell und die Gesprächspartner interessante Leute, mit denen man sich gern mal hinsetzt und klönt. Diesmal läßt mich das Thema aber ein bisschen ratlos: Über “Euthanasie” nämlich habe ich noch nie so richtig nachgedacht. Habe das Thema vielleicht von mir geschoben, da es mich persönlich noch nie betroffen hat. Niemand in meinem Bekanntenkreis hat vor, sich zur Euthanasie anzumelden, und obwohl ich durch meine Recherchen zu “Ein bisschen Heimat im Gepäck” und auch im Laufe der einjährigen Wanderausstellung zu vielen älteren Menschen Kontakt hatte, hat nie jemand Euthanasie oder einen Wunsch dazu geäußert. Vielleicht weil sie alle noch so engagiert waren, so voll im Leben standen? Anscheinend, so erfahre ich später, kommt es in Senioren- und Pflegeheimen wohl schon öfter vor, dass der Wunsch geäußert wird.
In den zwei Jahren, die meine Mutter nach einem schlimmen Sturz fast komatos im Pflegeheim lag, uns nicht mehr erkannte und selten eine Reaktion zeigte, wir ihr oft einen gnädigen Tod wünschten, sprachen wir auch nie über Euthanasie. Wir diskutierten wohl öfter den Sinn oder die Sinnlosigkeit der lebensverlängernden Medikamente, die verabreicht wurden, aber konnten uns auch nicht überwinden, darauf zu bestehen, diese Medikamente einzustellen. Obwohl es grausam war, täglich mit ansehen zu müssen, wie unsere Mutter an einer besonders großen Tablette jedesmal fürchterlich würgte. Später stellte sich heraus, dass diese Tablette Alzheimer vermeiden sollte!
Jetzt schreibt Christian in seiner mail: “Du hast doch sicher eine Meinung zur Euthansie?”
Spontan würde ich sagen: “Momentan ist das kein Thema für mich. Ich bin nicht in einer Situation, in der ich das Bedürfnis habe, mein Leben zu beenden. Es könnte sein, dass ich unter gewissen Umständen diesen Weg wählen möchte, aber ich habe noch nie bewusst darüber nachgedacht. Allerdings, wenn andere das machen wollen, dann lass sie.”

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Da verschlägt's mir die Sprache

25/8/2016

 
​Ich lebe mit zwei Sprachen. Mit Deutsch bin ich geboren und aufgewachsen, seit über vierzig Jahren lebe ich in Australien, kommuniziere also jeden Tag auch auf Englisch. Man kann wohl sagen, ich bin einigermaßen flüssig in beiden Sprachen.
Und doch – nach vier Monaten in Deutschland stoße ich auf sprachliche Hindernisse – ab und zu verschlägt’s mir ganz einfach die Sprache.
Dann fallen mir im richtigen Moment, die falschen Redewendungen ein!
Zum Beispiel will ich zu meinen Handwerkern sagen, dass ich ihnen voll vertraue, dass sie das Problem ganz bestimmt lösen können (eine Wand droht gerade einzustürzen, wo jemand ein Loch für eine Tür geschlagen hat!), denn sie sind ja … Und da passiert's: ich will sagen: ‘Old hands’ in ihrem Job.
‘Alte Hände’???
Hilflos stottere ich: “… erfahren. Ihr seid ja erfahren.”
Schade, ‘old hands’ hätte irgendwie ermutigender geklungen, meine ich, hätte einen gewissen Pfiff gehabt.
Ich beginne also, über verschiedene Sprachwendungen nachzudenken.

​Mitten im Redefluss fällt einem halt manchmal gerade nur der passende Ausdruck in der unpassenden Sprache ein.

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Auf Föhr wachsen Himmelsbäume...

27/7/2016

 
Die Himmelsbäume sind Japanische Kirschen, Birken und Buchen. Unter ihnen stehen auch Magnolien, Buchsbaum, Eichen und Trauerweiden. Wildäpfel, Ginkos und Schmetterlingssträucher sind dabei. Sie stehen am Wald an der Löwenhöhle in Wyk, ganz in der Nähe des beliebten Kinderspielplatzes. Kinderlachen und das Quietschen der Schwebebahn mischen sich in die Stille, die hier herrscht. Es ist der Ort der Erinnerung, des Besinnens, aber auch ein Treffpunkt: Bänke laden ein, sich hinzusetzen, sich auszutauschen, zu erzählen. An manchen Bäumen flattert ein Schmetterling aus Papier geschnitten, eine bunte Schleife oder ein Anhänger aus Ton. Die Bäumchen sind noch jung, höchstens etwas über ein Jahr alt. Sie stehen in einer Schneise, die der Orkan “Christian” schlug, als er im  Herbst 2013 über Norddeutschland wütete. 
Ein schwerer Orkan, der mit einer Windstärke von 170 Stundenkilometern auch auf der Insel Föhr Dächer abdeckt, Garagentore zerbirst, Fassaden von Häusern reißt, Autos beschädigt und den Baumbestand der Inselwälder dezimiert.  
 Alte Bäume knicken um wie Streichhölzer, ihre mächtigen Wurzeln liegen hilflos entblößt. 
Monatelang begleitete danach der Motorenlärm der Kettensägen und Hechsler den Inselalltag, und riesige Schredderhaufen häuften sich auf kahlgeschorenen Waldgebieten. Mementos an das, was hier einst wuchs und gedieh. Ein Spaziergang durch den Park erweckte Schrecken – und Staunen ob der mächtigen Gewalt der Natur, die an einem Nachmittag zerstörte, was über viele Jahre gewachsen war. Beim Spaziergang fragte man sich, wie lange wird es dauern, bis das neu bepflanzt ist, der Wald wieder seine alte Gestalt annimmt?

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Mein Name - Das bin ich

11/7/2016

 
Zuwanderer fallen auf - besonders wenn sie eine andere Sprache sprechen oder einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Und dann sind da ihre Namen ... 
Föhr ist eine multi-kulturelle Insel. Sogar die EU ist bei uns vertreten.
Nirgendwo merkt man das so stark wie auf dem Sperrgutbasar hinter dem Hafendeich in Wyk.
Hier steht eine große Halle, die seit mehr als zwanzig Jahren uns allen die Gelegenheit gibt, kostenlos beliebige Gegenstände – von Möbeln zu Haushaltsgeräten, Kleidung und Büchern, Einst-Geliebtem und Jetzt-Unnötigem – abzugeben. Wer hat nicht Sachen rumstehen, die noch zu gut zum Wegwerfen sind, die man aber nicht mehr benutzt oder braucht?
Der Sperrgutbasar wurde ins Leben gerufen, um die ‘kolossale Verschwendungssucht unserer Gesellschaft und der Vermüllung unserer Umwelt entgegen zu treten’. Denn alles, was weiter benutzt wird, muss nicht entsorgt werden. 
Inzwischen ist der Sperrgutbasar auch eine Art sozialer Treffpunkt geworden. Neben ‘alteingesessenen’ und neuen Wykern und Föhrern, Kurgästen und Inselnachbarn von Amrum, trifft man hier auch die über 100 Asylanten und Flüchtlinge, die Föhr gerade zu ihrer neuen Heimat machen.
“Das ist ja wie auf dem Basar,” flüstert mir eine Bekannte zu, die hier lange nicht besucht hat. Ungewollt trifft sie den Nagel auf den Kopf!

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Im Kleinen wie im Großen

27/6/2016

 
Wie man auf der Insel Föhr auf seine eigenen Grenzen stößt und Politik zu verstehen lernt
Der Fußweg wird von einem Grüppchen Fahrradfahrer versperrt.
Ganz offensichtlich sind sie keine Tagesausflügler. Sie sind auch nicht Wyker auf dem Weg zum Einkauf, nein, diese Leute sind ernsthafte Radler. Das sieht man allein an ihrer Kluft: eng-anliegende Trikot Hosen; feste Schuhe; gegürtete, Wind- und Wetterfeste Jacken; solide Fahrradhelme und – hier eher unbekannt – Schutzbrillen (auf Englisch ‘goggles’ genannt), zeichnen sie als Langstreckenfahrer aus. Auf ihren Gepäckträgern ist Reisegepäck festgezurrt.
Der Mann in der Gruppe entfaltet etwas ungeschickt eine Straßenkarte auf seinem Sattel und wendet sie ratlos hin und her. Sie stehen vor einer Ferienpension, deren Zimmernachweis ‘belegt’ anzeigt.
“Kann ich Ihnen behilflich sein?” frage ich.
“Wir suchen eine Un-ter-kunft,” antwortet der Herr – in reinem schweizerischen Tonfall. Er legt die Betonung auf die erste und dritte Silbe des Wortes ‘Un-ter-kunft’.

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Föhr Impressionen

27/6/2016

 
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Deutschland von außen

15/6/2016

 
Wie erlebt jemand Deutschland, der nach 50 Jahren zurückkehrt?
Wir haben gerade eingekauft. Auf den Fahrrädern – das ist für einen, der den größten Teil seines Lebens in Australien verbracht hat, eher gewöhnungsbedürftig. In Australien ist alles irgendwie weit entfernt, und wenn wir unseren wöchentlichen Einkauf tätigen, machen wir das natürlich im Auto.
Wenn wir müde und erschöpft von unseren Ausflügen zum Einkaufszentrum, wo dieser gute Schlachter ist, vom Aldi (ja es gibt in Melbourne auch den Aldi – Aldi Süd, habe ich mir sagen lasen) und schließlich vom Wochenmarkt, wo man alles frisch bekommt, nach Hause kommen, ist unser Kofferraum voll.

Unsere Fahrradkörbe sind aber noch nicht voll, wir waren ja auch erst bei Lidl. Jetzt müssen wir noch einiges bei Sky einholen. Das ist nicht schlimm, es ist praktisch gegenüber. Wir heben unsere Fahrräder in die dafür bereit gestellten Gestelle und schließen vorsorglich ab. Man will ja nicht, dass jemand  auf unseren Rädern mit dem Blumenkohl und den Spagetti aus dem Sonderangebot nach Hause fährt.
Ich hole einen Einkaufswagen – mein Mann steht immer noch bei den Rädern und schaut sich nervös um. “Was machen wir mit diesem?” fragt er besorgt und zeigt auf die Auswahl von Lebensmitteln in unseren Körben.
“Die lassen wir da,” sage ich. Dann errate ich den Grund für seine Besorgnis.
“Keine Angst, das machen wir alle so. Das klaut doch keiner.”
(Wenn Sie dem nicht ganz folgen: Das ist halt Friesenlogik.)
Zögernd folgt er mir. An der Tür schaut er sich noch einmal um – sein Blick nimmt Abschied. 
Niemals würde man in Melbourne sein Auto mit einer einladend geöffneten Tür und einer Ladefläche voller Tüten auf dem Parkplatz stehen lassen.
In Deutschland ist vieles anders ...

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Auf Deutsch

27/5/2016

 
Deutsch sprechen ist wie Fahrradfahren - hat man's einmal gemacht, braucht man nur wieder aufzusteigen ...

Rouvert Arvesten – auch als Rauert oder Rörd Arfsten bekannt - wurde 1547 auf der Insel Föhr geboren und starb 1616 im Alter von 69. Er war ein Schmackschiffer, Kaufmann, Bauer, Ratmann und Landvogt, und einer der reichsten Männer Föhrs seiner Zeit. Deshalb ist er auch als Mitstifter der Nieblumer Kirchkanzlei bekannt (‘St Johannis’, am Anfang des dreizehnten Jahrhunderts im Dorf Nieblum erbaut, wird als der ‘Friesendom’ bezeichnet). Um 1600 soll er das erste Packhaus im zukünftigen Städtchen Wyk errichtet haben.
Seine Nachfahren leben immer noch auf Föhr.

Dies haben wir auf seinem Grabstein entdeckt, der 2003 unter dem Stallfundament eines Oevenumer Bauernhofes gefunden wurde und der nun an der Mauer des Friesenmuseums in Wyk lehnt. 
Für einen Australier ist es unglaublich, dass man über solche Informationen hier einfach so stolpert.
​Für die meisten australischen Einwohner beginnt die Geschichte Australiens vor etwa 160 Jahren. Die Spuren, die die Aborigenes, die Ersten Australier (First Nation People), auf dem Kontinent hinterlassen haben, und die auf eine menschliche Anwesenheit im Lande von mindestens 40.000 Jahren hindeuten, werden von den meisten, europäisch geprägten Australiern, eher übersehen. 

Wie erlebt jemand, der 1954 im Alter von acht Jahren nach Australien ‘ausgewandert wurde’, sein Geburtsland?
​ 


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Wenn der Supermarkt zum Neuland wird

15/5/2016

 
Wie erlebt man das, in eine Heimat zurückzukehren, an die man nur noch vage Erinnerungen hat?
Rosie ist eine Institution.
In Wyk, auf der Insel Föhr, holt man, wenn man gut informiert sein möchte, am Morgen seine Brötchen am besten bei Rosie.
Rosie kennt all ihre Kunden und alle Wyker und Rosie weiß alles, was in Wyk wissenswert ist. 
So ist sie auch nicht erstaunt, als André und ich an unserem ersten Morgen auf Föhr in den Laden treten. Obwohl ich im Oktober des  Vorjahres das letzte Mal hier war – und André zum ersten Mal überhaupt auf der Insel steht. Wahrscheinlich hat Rosie jemand unsere Ankunft auf der 20 Uhr Fähre am Abend zuvor schon längst gemeldet.
“Sie hat sich gar nicht gewundert,” wundert André sich. 
Bei Rosie kreuzen sich die Fäden wie im Kontrollraum eines Nachrichtenzentrums. Wer was … mit wem … wo … Wer bei Rosie in den Laden tritt, teilt sich mit, erzählt, nimmt teil, wird informiert.
“Rosie weiss Bescheid, sie weiss alles,” antworten wir im Chor.
Natürlich gibt es andere Bäcker in Wyk (z.B. Bäcker Hansen und Bäcker Mengel), die genauso gut Brötchen backen können, aber Insider suchen halt Rosie auf, die hat den Schnack nämlich schon von ihrer Mutter gelernt – Wallie konnte genauso urig Kontra geben.

An diesem Morgen deutet Rosie nach der Begrüßung auf ihr Angebot. Roggen- oder Dinkel Brötchen, Dreikorn oder Mehrkorn. Brötchen mit Mohn-, Sesam-, Kürbis- oder Sonnenblumenkernen. Weltmeister oder Rosinenbrötchen. Vielleicht lieber ein Croissant?
Ich wehre ab. “Bloss nichts Gesundes,” sage ich. “Und nichts Ausgefallenes. André mag nur ’normale’, weiße.”
“Ah, dann ein männerfreundliches Brötchen,” nickt Rosie und füllt auch schon die Tüte. Rosie hat Verständnis für all ihre Kunden.

“Nervt dich das nicht,” stöhnt ein anderer Zugezogener, “diese Kleinstadtatmosphäre? Dass alle … alles … über jeden … wissen?”
André schüttelt den Kopf. Das hat er noch nicht bemerkt, erstmal hat er zuviel damit zu tun, sich überhaupt zu orientieren.

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Reise ins Ungewisse

6/5/2016

 
Wie ist es eigentlich, nach über vierzig Jahren das erste Mal nach Deutschland zurückzukehren - in ein Haus, das einem gehört, aber  das man noch nie gesehen hat?
Die Insel hüllt sich in dicke Nebelschwaden. Auf der Mole stehend,  kann man kaum das Ende vom Pier sehen. 
So oft hatte ich mir vorgestellt, wie es sein würde, wenn ich meinem Lebensgefährten das erste Mal die Insel Föhr zeigen kann. Auf Dagebüll, auf der Mole stehend, wo die Fähre nach Föhr ablegt, wollte ich ihm den dünnen Landstrich am Horizont zeigen, ihm sagen: “Da liegt Föhr.” Die Halligen zur Linken andeuten, ihm richtungsmäßig die Inseln Sylt und Amrum zeigen.
Ich hatte mich darauf gefreut, seine Spannung, ja, sein Staunen zu sehen, während sich die Fähre langsam aber stetig der Insel nähert. Bei niedrigem Wasser vorbei an Sandbänken auf denen Seehunde suhlen. Wenn man in der Entfernung weißen Strand ausmachen kann und Waldstreifen. Der Leuchtturm sichtbar, Häuser und Gebäude erkennbar werden. Wenn die Fähre wendet und nun am Wyker Strand entlang gleitet, wo die ersten Strandkörbe der Sommerfrischler harren, die Cafés ihre Tische einladend unter die Ulmen gestellt haben, die Strandpromenade zum Flanieren einlädt …

Die meisten Leute können sich gar keine Vorstellung von der Insel machen. Eine Größe von 82,82km² bedeutet für die Meisten: “klein”.
Wenn ich australischen Bekannten etwas von ihr vorschwärme, schauen sie mich verwundert an. “Was macht man da denn?” fragen sie. (Mehr als man in einem Urlaub schaffen kann.) “Gibt es dort einen Supermarkt?” (Ja, drei große, mehrere Kaufmänner.)
​Wenn ich von den vielen Ausflugsmöglichkeiten erzähle, sagt einer:
“Na ja, wenn man eine Tagestour nach Stockholm machen kann, dann vielleicht …”
(Warum nach Stockholm, wenn es auf Föhr genügend zu tun gibt?)
​Und eine sagt gar: "Was – einmal links um die Insel, einmal rechts um die Insel?” (Hmmpf.)


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Wenn das Neue das Alte auslöscht

22/4/2016

 
Viele Deutsche wanderten in den fünfziger Jahren aus. Heutzutage bereiten Eltern ihre Kinder sorgfältig auf die große Umstellung vor, lassen sie an den Vorbereitungen teilhaben, überlegen sich, wie sie den Kindern den Weg erleichtern können. In den fünfziger Jahren waren Kinder eher Anhängsel.
'Sehen - nicht hören' hieß das Motto. Wenn Wichtiges besprochen wurde, wurden Kinder oft aus dem Zimmer geschickt. Was passiert, wenn ein Kind praktisch von heute auf morgen, unvorbereitet, in eine andere Welt versetzt wird?
Kinder wandern mit ihren Eltern aus. Wie erleben sie das, was empfinden sie?
Er kann sich an nichts erinnern, was vor seinem achten Lebensjahr geschah. Und auch die nächsten vier Jahre sind gelöscht – die Erinnerungen fangen an, als er etwa zwölf ist, und in Ascot Vale das Technical College betritt.
Auf einmal sind da Freunde: der Ungar Arnold, ein  wissenschaftliches ‘wiz kid’ (Genie), der später Chemiker wird. Der Weißrusse namens Günther – ein Kauz. Der Sohn des italienischen Gemüsehändlers, dessen Laden an der Ecke stand – Frank  (oder vielleicht Franco?). Oliver, dessen Familie von Malta stammte. Oder der Jugoslawe, der ihn zu Abenteuern überredete, von denen die Mütter am besten nichts erfuhren. Andere Freunde stammten von Polen, waren Letten oder Deutsche. Griechen, eine der größten Bevölkerungsgruppen in Melbourne, lebten nicht in Ascot Vale. Die Freunde ersetzen die Familie, die in Deutschland zurückgeblieben ist.

"Aber hattest du keine australischen Freunde?" frage ich. “Nein.”

Als Andrė acht Jahre alt war, entschloss seine Mutter sich zur Auswanderung. Sie kann sich bis zu ihrem letzten Lebenstag klar an die Bombennächte in Hamburg erinnern. Das war im  Zweiten Weltkrieg. Nicht nur ihre Wohnung, sondern auch das Haus ihrer Eltern wurde vollkommen zerstört. Die Familie fand mit vielen anderen Unterschlupf in den Schrebergärten. In kleinen Lauben, die eigentlich nur für Tagesausflüge gedacht war, kamen ganze Familien unter. Lebten beengt, waren hungrig und kalt und schätzen sich glücklich, überhaupt überlebt zu haben.

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Zurück in die Zukunft

11/4/2016

 
Jedes Jahr kehren deutsche Auswanderer zurück in ihre alte Heimat. Was treibt uns dazu? Der Wunsch, näher bei der Familie zu sein sicherlich.  Das Altbekannte neu erleben; sich in seiner eigenen Sprache ausdrücken; von der eigenen Kultur umgeben sein ... Unsere eigene Rückwanderung wird Realität,aber wir erlauben uns auch die Freiheit, erstmal zu kosten, wie es ist, da drüben, in der alten Heimat, zu leben ...
Seit drei Jahren besitzen wir eine Villa an der Nordsee - jetzt probieren wir mal aus, ob eine Rückkehr in die alte Heimat für uns möglich ist ...
Seit drei Jahren besitzen wir eine Villa an der Nordsee - na ja, nicht direkt an der Nordsee, genau gesehen sind wir vier Straßenzüge vom Meer entfernt. Meinem Lebensgefährten gibt das ein angenehmes Gefühl der Sicherheit. "Können wir überflutet werden?", war eine seiner erster Fragen, als wir uns entschieden, das geerbte Haus auf der Insel Föhr für uns selbst zu behalten. Antwort auf die Flutfrage: "Eher nicht."
Da müsste das Wasser schon ganz schön auflaufen, und obwohl ich Sturmfluten auf der Insel erlebt habe - sogar die Große von 1962 - ist das Meer nie bis zu Oma und Opas Haus vorgedrungen.


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Interessierte Verleger gesucht

11/3/2016

 
Charlotte Frohmacher erscheint ein zweites Mal in Charlotte Frohmacher bekommt Post
Die Geschichten über die kleine pummelige Charlotte  entwickeln sich zu einer Serie  – in diesem Band bereitet Charlottes sich auf den Schulanfang vor. Dieses Buch wartet auf einen Verleger.
Informationen über das erste Buch aus der Reihe Charlotte Frohmacher

Auf einen Verleger warten auch die beiden folgenden Bücher:
Herr Pukowski Apfelbaum ist eine Geschichte über einen älteren Herrn, der Kuriositäten sammelt. Eines Tages passiert ihm etwas Kurioses: Er verschluckt nämlich einen Apfelkern, und als er im Frühjahr aufwacht, beginnt ein Baum auf seinem Kopf zu sprießen ...

Die Idee zu Max Siebentag – Eine Katergeschichte  entstand nach einem Besuch in einem Tierheim, in dem wir uns eine Katze aussuchen wollten. Der Anblick der vielen Tiere, die hoffnungsvoll oder sehnsüchtig auf einen neuen Besitzer warteten, der ihnen ein Heim bereiten würde, inspirierte die Geschichte über Max, einem Kater, der sieben lange Tage braucht, um Franziskus von Katzenheim zu überzeugen, dass ein Kater der perfekte Hausgenosse ist.

Falls Sie Interesse haben, kontaktieren Sie mich bitte. Ich würde mich auf ein Gespräch freuen!



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Das Schreiben erlaubt mir, mich in die Welt meiner Charaktere zu versetzen. Ich probiere andere Leben aus und begebe mich manchmal auf recht abenteuerliche Wege.

Mit Sabine klöhnen (plaudern)

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