“Nach einer Aufführung ist man fix und fertig. Mindestens einen ganzen Tag danach hat man Muskelkater!”
Die Gruppe von Mädchen um Nadja Scherer stimmt laut stöhnend zu – und trotzdem strahlen ihre Gesichter! Denn das, was den Muskelkater auslöst ist ja der HIP HOP und den zu tanzen macht einfach Spaß.
Moment mal, Hip Hop – hier auf Föhr?
Na klar!
Als Nadja Scherer und Ihre Schwester Ramona von Oberfranken auf die Insel zogen, merkten sie schnell, dass hier noch Platz für was echt Cooles war – also gründeten sie “TDS” – kurz für “The Dancing Shoes”.
Ramona und Nadja haben immer getanzt. Beide waren lange in der Garde (die Tanzgarde, die man hier am besten von den Karnevalsumzügen kennt). Von den akrobatischen Sprüngen und Tänzen der Garde ist der Schritt zum Hip Hop wohl gar nicht so weit.
“Man muss fit sein,” stimmen Nadja und die anderen Mädels der TDS zu. “Durchhaltevermögen ist unbedingt nötig und man darf die Konzentration nicht verlieren. Wenn man einen Fehler macht, dann muss man einfach weiter tanzen, wenn man aufhört, sieht das Publikum das doch sofort.”
Die Gruppe von Mädchen um Nadja Scherer stimmt laut stöhnend zu – und trotzdem strahlen ihre Gesichter! Denn das, was den Muskelkater auslöst ist ja der HIP HOP und den zu tanzen macht einfach Spaß.
Moment mal, Hip Hop – hier auf Föhr?
Na klar!
Als Nadja Scherer und Ihre Schwester Ramona von Oberfranken auf die Insel zogen, merkten sie schnell, dass hier noch Platz für was echt Cooles war – also gründeten sie “TDS” – kurz für “The Dancing Shoes”.
Ramona und Nadja haben immer getanzt. Beide waren lange in der Garde (die Tanzgarde, die man hier am besten von den Karnevalsumzügen kennt). Von den akrobatischen Sprüngen und Tänzen der Garde ist der Schritt zum Hip Hop wohl gar nicht so weit.
“Man muss fit sein,” stimmen Nadja und die anderen Mädels der TDS zu. “Durchhaltevermögen ist unbedingt nötig und man darf die Konzentration nicht verlieren. Wenn man einen Fehler macht, dann muss man einfach weiter tanzen, wenn man aufhört, sieht das Publikum das doch sofort.”
Zuschauen macht Spaß, denn Hip Hop setzt auf Show!
Hip Hop hat seinen Ursprung in der afro-amerikanischen Musikszene. Da hört man Elemente vom Rap (dem Sprechgesang), der Beat fällt im Stakkato Takt, der Gesang ist fast monoton, fordernd aggressive. Wenn die Gruppe tanzt, sind die Bewegungen genau angepasst – vom Rhytmus durchdrungen, bewegen sich die Tänzerinnen als eins, benutzen den Körper, um die Texte widerzuspiegeln. Manchmal scheinen die Bewegungen fast abgehackt, dann schwingt der ganze Körper mit. Zuzuschauen macht Spaß, denn Hip Hop setzt auf Show!
Ramona und Nadja haben die Gruppe 2015 als AG der Eilun Feer Skuul ins Leben gerufen. Inzwischen hat Ramona ihr Abitur abgelegt und die Insel verlassen. “Aber sie weiß Bescheid, was bei uns passiert!” Nadja wird die TDS bis zu ihrem eigenen Abitur weiterführen, dann muss sich eine neue Leiterin finden. Die Begeisterung, die die Mädchen zu Tage legen, bedeutet, dass das sicher geschehen wird.
16 Mädchen tanzen mit. “Wir hätten so gern auch Jungs dabei!” wünscht sich Nadja, aber die zögern noch. Nur bei den Auftritten sind sie vertreten. Die Technik AG der Eilun Feer Skuul organisiert dann die Beleuchtung, den Sound und die Technik.
Im Alter rangieren die Mädels von 11 – 17 Jahren. Charlie, die Jüngste, ist in der 5. Klasse, andere in der Gruppe der “Kleinen” in der sechsten. Die Älteren sind in der 8. bis 10. Klasse.
Charlie ist meine Nachbarin und hat mich auf die Hip Hop Gruppe aufmerksam gemacht.
“Ich hatte solches Glück,” erzählt sie. “So viele meldeten sich, um beim Hip Hop mitzumachen, dass die Plätze verlost wurden. Dann sprangen einige aber ziemlich schnell wieder ab, und da durfte ich dann mitmachen.”
Bei der Vorstellung im Kurgartensaal in Wyk am 1. Juli hatte Charlie auch eine ‘Hauptrolle’. Sie stellte “Frau B.” dar (sich selbst im fortgeschrittenen Alter), und nahm an einer Umfrage zum Thema “Frauenrechte” teil.
Politik und Hip Hop?
Ja – Hip Hop war von Anfang an auch politisch ausgerichtet. Menschenrechte, Wehrpflicht, Umwelt, Emanzipation usw waren immer Themen.
Die TDS scheuen auch nicht vor schwierigen oder kontroversen Themen zurück.
Kurze Interviews werden in die Tänze eingeblendet. Charlies Gruppe wirft einen Blick auf die Anfänge der Emanzipation der Frauen – ihren Eintritt in den Beruf und das Gewerbe, das Wahlrecht und den Drang fort von Heim und Herd. Sie heben die positive Entwicklungen hervor, vergessen aber auch nicht zu erwähnen, dass Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert sind und oft niedrigere Gehälter als Männer für dieselben Aufgaben bekommen.
“Wie seid ihr auf eure Themen gekommen?” frage ich.
Rassismus, Asylbewerber, Mr Trump, Homosexualität und ‘Ehe für alle’ sind Themen, die man nicht unbedingt von Schülerinnen erwartet. Haben da Erwachsene Einfluss genommen?
“Nee, wir haben da unsere eigenen Meinungen vertreten! Da hat uns niemand reingeredet! Klar, die Eilun Feer Skuul bietet uns den Platz zum Trainieren und für Aufführungen, wir werden auch oft gebeten, etwas vorzuführen, wie z.B. jetzt bei der Entlassungsfeier – aber ansonsten machen wir alles selbst. Die Lehrer haben da nichts mit zu tun. Die Themen suchen wir uns selbst aus und die Texte recherchieren und verfassen wir auch selbst. Wir hören die Nachrichten und denken darüber nach, was auf der Welt geschieht. Was wir hier machen, ist alles aus unserem eigenen Antrieb.”
Alle Achtung! Es ist eindeutig, wo die Gruppe steht: Gegen Rassismus, gegen Verletzungen der Menschenrechte und gegen Donald Trump. Für Aufrechterhaltung der Würde des Einzelnen, die Gleichberechtigung der Frauen und der, die die Gleichgeschlechtliche Ehe wünschen. Für die Flüchtlinge und Asylbewerber.
“Setzt ihr euch für die ein, weil einige von euch selbst einen Migrationshintergrund haben?” frage ich.
Sie sehen mich erstaunt an. Es ist klar, für diese Mädchen ist es kein Thema, in welchem Land oder in welche Kultur man hineingeboren ist.
“Viele von uns sind zugewandert, wir sind hier ganz gemischt! Wir sind Franken, Thüringer, Polen, Marokkaner, Friesen … was soll das schon?”
Die ‘Interviews’ werden von Tanzroutinen abgelöst.
“Die Schritte denken wir uns selbst aus. Manchmal macht eine es ganz allein, manchmal zwei zusammen. Eigentlich fängt es immer mit der Musik an. Man hört etwas, was einem gefällt, und überlegt, wie bewege ich mich dazu, welche Schritte, welche Figuren passen dazu?”
Dabei kann man aus traditionellen Hip Hop Moves wählen oder eigene erfinden. Koordination ist wichtig. Man merkt, dass viele Trainingsstunden und eine detaillierte Planung hinter einer Aufführung stecken. Die Hände bewegen sich auch immer mit. Auf dem Nachhauseweg weiht Charlie mich in das Tatting, eine komplizierte Handroutine, und den Shuffle ein.
“Breaking, locking und popping” und “turfing, jerkin’ und krumping” ersetzen die Pirouetten, den Pas oder die Kabriole, von der ich als Kind träumte, als es mir als das Höchste schien, in einem Tutu über die Bühne zu gleiten.
“Wenn wir eine Aufführung machen, habe ich den ganzen Ablauf der Tänze und jeden Schritt im Kopf. Das ist anstrengend, da bin ich vorher schon sehr nervös,” sagt Nadja.
“Die (englischen) Texte erarbeiten wir zusammen. Englisch lernen wir ja schon lange. Und die meisten Songs findet man auch in der Übersetzung. Manchmal schneiden wir auch Texte zusammen, um genau das auszudrücken, was wir rüberbringen wollen.”
Seit 1980 gibt es auch in Deutschland eine starke deutsche Hip Hop Szene mit vielen bekannten Artists, aber die meisten präsentieren ihre Lieder auf Englisch.
So fordert z.B. Meghan Trainor in “Woman Up” die Mädchen auf, stark zu sein, für sich selbst einzutreten.
All my girls raise your hand
If you don't need a man
'Cause you're more than good enough
You gotta woman up, woman up
All my girls, we show, we groove
Just make them remember you
This one for all my girls
My girls who woman up, woman up
Meghan Trainor (2016)
Ähnlich empfiehlt Billy Talent in „Red Flag“ (2006), dass man für sich selbst einsteht, nicht andere für sich sprechen lässt. „Speak for yourself, or they’ll speak for you.“
„Same Love“ von Macklemore and Ryan Lewis (2013) finde ich besonders schön. Der Song ist nachdenklich, wirft Klischees und Vorurteile auf, fragt nach. Das gefällt mir.
When I was in the third grade I thought that I was gay
'Cause I could draw, my uncle was, and I kept my room straight
I told my mom, tears rushing down my face
She's like "Ben you've loved girls since before Pre-K, trippin'."
Yeah, I guess she had a point, didn't she?
Bunch of stereotypes all in my head
I remember doing the math like, "Yeah, I'm good at little league."
A pre-conceived idea of what it all meant
For those that like the same sex
Had the characteristics
The right-wing conservatives think it's a decision
And you can be cured with some treatment and religion
Man-made rewiring of a pre-disposition
Playing God, aw nah here we go
America the brave still fears what we don't know
And "God loves all his children" is somehow forgotten
But we paraphrase a book written thirty-five-hundred years ago
I don't know
Auch die Outfits organisieren die TDS selbst. Schwarz dominiert, aber natürlich gehören T-Shirts in Pink zur “Ehe für Alle” Routine! Und für “Hey, Mr Policeman” (Eva Simons, 2006) tragen sie schicke Polizeimützen. Wie gut passt der Song in diese Zeit. Wer hat nicht die Photos oder Videos gesehen, von weißen Polizisten, die auf schwarze Amerikaner schießen, nur weil ihre Hautfarbe ihnen anscheinend das Recht gibt? Die Gruppe teilt sich in zwei Parteien, gibt sich deutlich aggressiv, rüttelt das Publikum auf.
Aber warum Hip Hop, dränge ich nochmal. Warum nicht Ballet oder – naheliegend hier auf Föhr – Trachtentanz?
“Ich mache auch Trachtentanz,” sagt Geske, die Friesin der Gruppe. “Aber dies hier ist so …”
Sie sucht nach den richtigen Worten.
“Befreiend? Entstressend?” biete ich an. Die Gruppe nickt einstimmig.
“Manchmal kommt man hier an und hat eigentlich gar keinen Bock. Dann macht einer die Musik an, man fängt an sich zu bewegen, und dann kann man so richtig loslassen.”
Ich kann mir das vorstellen: die Anstrengungen des Tages loslassen, Prüfungen, Hausaufgaben, Stress mit Freunden und Familien im Rhytmus und der Bewegung vergessen. Frust abbauen.
Tanz macht frei, Tanz macht gleich.
Erinnert mich das nicht an etwas? Ach ja, der Film, der mich in meiner Jugend so beeindruckte - ‘Zorba, der Grieche’ mit dem legendären Anthony Quinn. Auch hier diente der Tanz als Befreiung. In einer bewegenden Szene am Ende des Filmes lehrt Zorba den jungen Basil den Sirtaki. Den Film könnte man sich auch mal wieder anschauen …
Die Eilun Feer Skuul in Wyk auf Föhr ist mit knapp 400 Schülern das kleinste staatliche Gymnasium Schleswig Holsteins. Gleichzeitig ist es auch eine Gemeinschaftsschule.
"Die Schule öffnet Unterricht und Schulleben für jeden, der die Kompetenzen der Schüler fördert," erklärt der Schulleiter, Carl Wögens. "Die Räumlichkeiten der Schule wie auch die Tatsache, dass man sich hier ohnehin trifft und sich auch weitere Interessierte leicht akquirieren lassen, spielt sicher eine Rolle, dass die Schule und nicht irgendeine andere Organisation der Insel Ausrichter ist. Die Dancing Shoes sind eine Arbeitsgemeinschaft der Eilun Feer Skuul.
Die Teilnahme wird im Zeugnis vermerkt (und bleibt unbewertet wie auch bei anderen Schul-AGs üblich). Schul-AGs können von Lehrkräften, aber auch von Eltern und Schüler/innen geleitet werden. Sie haben eine gewisse Autonomie, einzige Bedingung: sie dürfen den Zielsetzungen von Schule nicht widersprechen.
Das Renommee der Dancing Shoes in der EFS ist bei Schülern und Lehrkräften sehr hoch, weil: `Die Schüler machen was´. Und: `Die Lehrer halten sich raus´."
Die TDS beginnen beginnen ihre wöchentlichen Proben wieder nach den Sommerferien. Inzwischen haben die jüngeren Mitglieder aber auch eine Aufführung beim Südstrandfest gegeben und Nadja hat eine Woche lang mit den Teilnehmern der Kinder Uni Tänze eingeübt. Hip Hop macht eben keine Sommerpause.
Die Autorin bedankt sich bei Nadja Scherer, den Tänzern der TDS und Herrn Carl Wögens, für die interessante Einführung. Fotos: Nele El Moustaquil.
Ramona und Nadja haben die Gruppe 2015 als AG der Eilun Feer Skuul ins Leben gerufen. Inzwischen hat Ramona ihr Abitur abgelegt und die Insel verlassen. “Aber sie weiß Bescheid, was bei uns passiert!” Nadja wird die TDS bis zu ihrem eigenen Abitur weiterführen, dann muss sich eine neue Leiterin finden. Die Begeisterung, die die Mädchen zu Tage legen, bedeutet, dass das sicher geschehen wird.
16 Mädchen tanzen mit. “Wir hätten so gern auch Jungs dabei!” wünscht sich Nadja, aber die zögern noch. Nur bei den Auftritten sind sie vertreten. Die Technik AG der Eilun Feer Skuul organisiert dann die Beleuchtung, den Sound und die Technik.
Im Alter rangieren die Mädels von 11 – 17 Jahren. Charlie, die Jüngste, ist in der 5. Klasse, andere in der Gruppe der “Kleinen” in der sechsten. Die Älteren sind in der 8. bis 10. Klasse.
Charlie ist meine Nachbarin und hat mich auf die Hip Hop Gruppe aufmerksam gemacht.
“Ich hatte solches Glück,” erzählt sie. “So viele meldeten sich, um beim Hip Hop mitzumachen, dass die Plätze verlost wurden. Dann sprangen einige aber ziemlich schnell wieder ab, und da durfte ich dann mitmachen.”
Bei der Vorstellung im Kurgartensaal in Wyk am 1. Juli hatte Charlie auch eine ‘Hauptrolle’. Sie stellte “Frau B.” dar (sich selbst im fortgeschrittenen Alter), und nahm an einer Umfrage zum Thema “Frauenrechte” teil.
Politik und Hip Hop?
Ja – Hip Hop war von Anfang an auch politisch ausgerichtet. Menschenrechte, Wehrpflicht, Umwelt, Emanzipation usw waren immer Themen.
Die TDS scheuen auch nicht vor schwierigen oder kontroversen Themen zurück.
Kurze Interviews werden in die Tänze eingeblendet. Charlies Gruppe wirft einen Blick auf die Anfänge der Emanzipation der Frauen – ihren Eintritt in den Beruf und das Gewerbe, das Wahlrecht und den Drang fort von Heim und Herd. Sie heben die positive Entwicklungen hervor, vergessen aber auch nicht zu erwähnen, dass Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert sind und oft niedrigere Gehälter als Männer für dieselben Aufgaben bekommen.
“Wie seid ihr auf eure Themen gekommen?” frage ich.
Rassismus, Asylbewerber, Mr Trump, Homosexualität und ‘Ehe für alle’ sind Themen, die man nicht unbedingt von Schülerinnen erwartet. Haben da Erwachsene Einfluss genommen?
“Nee, wir haben da unsere eigenen Meinungen vertreten! Da hat uns niemand reingeredet! Klar, die Eilun Feer Skuul bietet uns den Platz zum Trainieren und für Aufführungen, wir werden auch oft gebeten, etwas vorzuführen, wie z.B. jetzt bei der Entlassungsfeier – aber ansonsten machen wir alles selbst. Die Lehrer haben da nichts mit zu tun. Die Themen suchen wir uns selbst aus und die Texte recherchieren und verfassen wir auch selbst. Wir hören die Nachrichten und denken darüber nach, was auf der Welt geschieht. Was wir hier machen, ist alles aus unserem eigenen Antrieb.”
Alle Achtung! Es ist eindeutig, wo die Gruppe steht: Gegen Rassismus, gegen Verletzungen der Menschenrechte und gegen Donald Trump. Für Aufrechterhaltung der Würde des Einzelnen, die Gleichberechtigung der Frauen und der, die die Gleichgeschlechtliche Ehe wünschen. Für die Flüchtlinge und Asylbewerber.
“Setzt ihr euch für die ein, weil einige von euch selbst einen Migrationshintergrund haben?” frage ich.
Sie sehen mich erstaunt an. Es ist klar, für diese Mädchen ist es kein Thema, in welchem Land oder in welche Kultur man hineingeboren ist.
“Viele von uns sind zugewandert, wir sind hier ganz gemischt! Wir sind Franken, Thüringer, Polen, Marokkaner, Friesen … was soll das schon?”
Die ‘Interviews’ werden von Tanzroutinen abgelöst.
“Die Schritte denken wir uns selbst aus. Manchmal macht eine es ganz allein, manchmal zwei zusammen. Eigentlich fängt es immer mit der Musik an. Man hört etwas, was einem gefällt, und überlegt, wie bewege ich mich dazu, welche Schritte, welche Figuren passen dazu?”
Dabei kann man aus traditionellen Hip Hop Moves wählen oder eigene erfinden. Koordination ist wichtig. Man merkt, dass viele Trainingsstunden und eine detaillierte Planung hinter einer Aufführung stecken. Die Hände bewegen sich auch immer mit. Auf dem Nachhauseweg weiht Charlie mich in das Tatting, eine komplizierte Handroutine, und den Shuffle ein.
“Breaking, locking und popping” und “turfing, jerkin’ und krumping” ersetzen die Pirouetten, den Pas oder die Kabriole, von der ich als Kind träumte, als es mir als das Höchste schien, in einem Tutu über die Bühne zu gleiten.
“Wenn wir eine Aufführung machen, habe ich den ganzen Ablauf der Tänze und jeden Schritt im Kopf. Das ist anstrengend, da bin ich vorher schon sehr nervös,” sagt Nadja.
“Die (englischen) Texte erarbeiten wir zusammen. Englisch lernen wir ja schon lange. Und die meisten Songs findet man auch in der Übersetzung. Manchmal schneiden wir auch Texte zusammen, um genau das auszudrücken, was wir rüberbringen wollen.”
Seit 1980 gibt es auch in Deutschland eine starke deutsche Hip Hop Szene mit vielen bekannten Artists, aber die meisten präsentieren ihre Lieder auf Englisch.
So fordert z.B. Meghan Trainor in “Woman Up” die Mädchen auf, stark zu sein, für sich selbst einzutreten.
All my girls raise your hand
If you don't need a man
'Cause you're more than good enough
You gotta woman up, woman up
All my girls, we show, we groove
Just make them remember you
This one for all my girls
My girls who woman up, woman up
Meghan Trainor (2016)
Ähnlich empfiehlt Billy Talent in „Red Flag“ (2006), dass man für sich selbst einsteht, nicht andere für sich sprechen lässt. „Speak for yourself, or they’ll speak for you.“
„Same Love“ von Macklemore and Ryan Lewis (2013) finde ich besonders schön. Der Song ist nachdenklich, wirft Klischees und Vorurteile auf, fragt nach. Das gefällt mir.
When I was in the third grade I thought that I was gay
'Cause I could draw, my uncle was, and I kept my room straight
I told my mom, tears rushing down my face
She's like "Ben you've loved girls since before Pre-K, trippin'."
Yeah, I guess she had a point, didn't she?
Bunch of stereotypes all in my head
I remember doing the math like, "Yeah, I'm good at little league."
A pre-conceived idea of what it all meant
For those that like the same sex
Had the characteristics
The right-wing conservatives think it's a decision
And you can be cured with some treatment and religion
Man-made rewiring of a pre-disposition
Playing God, aw nah here we go
America the brave still fears what we don't know
And "God loves all his children" is somehow forgotten
But we paraphrase a book written thirty-five-hundred years ago
I don't know
Auch die Outfits organisieren die TDS selbst. Schwarz dominiert, aber natürlich gehören T-Shirts in Pink zur “Ehe für Alle” Routine! Und für “Hey, Mr Policeman” (Eva Simons, 2006) tragen sie schicke Polizeimützen. Wie gut passt der Song in diese Zeit. Wer hat nicht die Photos oder Videos gesehen, von weißen Polizisten, die auf schwarze Amerikaner schießen, nur weil ihre Hautfarbe ihnen anscheinend das Recht gibt? Die Gruppe teilt sich in zwei Parteien, gibt sich deutlich aggressiv, rüttelt das Publikum auf.
Aber warum Hip Hop, dränge ich nochmal. Warum nicht Ballet oder – naheliegend hier auf Föhr – Trachtentanz?
“Ich mache auch Trachtentanz,” sagt Geske, die Friesin der Gruppe. “Aber dies hier ist so …”
Sie sucht nach den richtigen Worten.
“Befreiend? Entstressend?” biete ich an. Die Gruppe nickt einstimmig.
“Manchmal kommt man hier an und hat eigentlich gar keinen Bock. Dann macht einer die Musik an, man fängt an sich zu bewegen, und dann kann man so richtig loslassen.”
Ich kann mir das vorstellen: die Anstrengungen des Tages loslassen, Prüfungen, Hausaufgaben, Stress mit Freunden und Familien im Rhytmus und der Bewegung vergessen. Frust abbauen.
Tanz macht frei, Tanz macht gleich.
Erinnert mich das nicht an etwas? Ach ja, der Film, der mich in meiner Jugend so beeindruckte - ‘Zorba, der Grieche’ mit dem legendären Anthony Quinn. Auch hier diente der Tanz als Befreiung. In einer bewegenden Szene am Ende des Filmes lehrt Zorba den jungen Basil den Sirtaki. Den Film könnte man sich auch mal wieder anschauen …
Die Eilun Feer Skuul in Wyk auf Föhr ist mit knapp 400 Schülern das kleinste staatliche Gymnasium Schleswig Holsteins. Gleichzeitig ist es auch eine Gemeinschaftsschule.
"Die Schule öffnet Unterricht und Schulleben für jeden, der die Kompetenzen der Schüler fördert," erklärt der Schulleiter, Carl Wögens. "Die Räumlichkeiten der Schule wie auch die Tatsache, dass man sich hier ohnehin trifft und sich auch weitere Interessierte leicht akquirieren lassen, spielt sicher eine Rolle, dass die Schule und nicht irgendeine andere Organisation der Insel Ausrichter ist. Die Dancing Shoes sind eine Arbeitsgemeinschaft der Eilun Feer Skuul.
Die Teilnahme wird im Zeugnis vermerkt (und bleibt unbewertet wie auch bei anderen Schul-AGs üblich). Schul-AGs können von Lehrkräften, aber auch von Eltern und Schüler/innen geleitet werden. Sie haben eine gewisse Autonomie, einzige Bedingung: sie dürfen den Zielsetzungen von Schule nicht widersprechen.
Das Renommee der Dancing Shoes in der EFS ist bei Schülern und Lehrkräften sehr hoch, weil: `Die Schüler machen was´. Und: `Die Lehrer halten sich raus´."
Die TDS beginnen beginnen ihre wöchentlichen Proben wieder nach den Sommerferien. Inzwischen haben die jüngeren Mitglieder aber auch eine Aufführung beim Südstrandfest gegeben und Nadja hat eine Woche lang mit den Teilnehmern der Kinder Uni Tänze eingeübt. Hip Hop macht eben keine Sommerpause.
Die Autorin bedankt sich bei Nadja Scherer, den Tänzern der TDS und Herrn Carl Wögens, für die interessante Einführung. Fotos: Nele El Moustaquil.