“Donald Trump: Kluger Fuchs oder gefährlicher Prahlhans?”
So lautete der Titel einer Gesprächsrunde im SBS German Radio, zu der Christian Froelicher, Executive Producer, mich eingeladen hatte (6. Februar 2017).[i]
Donald Trump - Ach herrje, was für ein Thema!
Natürlich hat man ja von dem amerikanischen Republikaner, der zum Präsidenten erhoben wurde, einiges gehört, das lässt sich nicht vermeiden! Auch hat man sich seine eigenen privaten Gedanken gemacht und sich mit Freunden und Bekannten ausgetauscht.
Ist es eigentlich möglich, diesen überdimensionalen Menschen etwas zu verdünnen, ihm ein wenig seiner Macht zu nehmen? In dem man sich z.B. immer wieder erinnert, dass er die Republikaner vertritt und die ihn für ihn verantwortlich sind?[ii]
Sicher gibt es Leute, die begeistert von ihm sind und voll hinter den Äußerungen dieses Präsidenten stehen – nur leider nahm keiner von denen an unserer Diskusssionrunde teil. Schade! Es hätte dem Ganzen vielleicht etwas mehr Feuer gegeben!
So saßen wir halt zu dritt vor Christian Froelicher. Klaus Wiegel, tätig im Finanzbereich und als Unternehmensberater; Dr Gerhard Wiesenfeldt, Dozent für ‘Historical and Philosophical Studies’ an der Melbourne Uni; und ich. Soziologin, Englisch und DaF Lehrerin und heutzutage freischaffende Autorin. Und etwas ratlos.
Denn es ist ja Eines, sich privat zu empören, sich über seine provozierenden Sprüche zu mokieren oder laut aufzulachen, wenn der Herr mal wieder eine seiner erstaunlichen Verordnungen loslässt, es ist etwas anderes, vor einem Mikrophon zu sitzen, und einigermaßen ernsthaft und auf Tatsachen fundiert, zu diskutieren.
Also, ich muss erstmal recherchieren.
[i] SBS Panel Runde: Donald Trump: Kluger Fuchs oder gefährlicher Prahlhans?
[ii] “Donald Trump, Leader of the Republican Party”, dailykos
Donald Trump - Ach herrje, was für ein Thema!
Natürlich hat man ja von dem amerikanischen Republikaner, der zum Präsidenten erhoben wurde, einiges gehört, das lässt sich nicht vermeiden! Auch hat man sich seine eigenen privaten Gedanken gemacht und sich mit Freunden und Bekannten ausgetauscht.
Ist es eigentlich möglich, diesen überdimensionalen Menschen etwas zu verdünnen, ihm ein wenig seiner Macht zu nehmen? In dem man sich z.B. immer wieder erinnert, dass er die Republikaner vertritt und die ihn für ihn verantwortlich sind?[ii]
Sicher gibt es Leute, die begeistert von ihm sind und voll hinter den Äußerungen dieses Präsidenten stehen – nur leider nahm keiner von denen an unserer Diskusssionrunde teil. Schade! Es hätte dem Ganzen vielleicht etwas mehr Feuer gegeben!
So saßen wir halt zu dritt vor Christian Froelicher. Klaus Wiegel, tätig im Finanzbereich und als Unternehmensberater; Dr Gerhard Wiesenfeldt, Dozent für ‘Historical and Philosophical Studies’ an der Melbourne Uni; und ich. Soziologin, Englisch und DaF Lehrerin und heutzutage freischaffende Autorin. Und etwas ratlos.
Denn es ist ja Eines, sich privat zu empören, sich über seine provozierenden Sprüche zu mokieren oder laut aufzulachen, wenn der Herr mal wieder eine seiner erstaunlichen Verordnungen loslässt, es ist etwas anderes, vor einem Mikrophon zu sitzen, und einigermaßen ernsthaft und auf Tatsachen fundiert, zu diskutieren.
Also, ich muss erstmal recherchieren.
[i] SBS Panel Runde: Donald Trump: Kluger Fuchs oder gefährlicher Prahlhans?
[ii] “Donald Trump, Leader of the Republican Party”, dailykos
So sitzt nun in Amerika ein Präsident, der Twitter zum Heiligen Gral erhoben hat
An Worten und Aussagen fehlt es ja nicht – man braucht nur mal in sein Twitter Konto einzusteigen, nicht? Nur, ich habe mich bisher erfolgreich dem Twittern, dem Tweeten und Zwitschern widersetzt und habe keine Lust, jetzt anzufangen. Während ich an meinem Schreibtisch sitze, und mir den Kopf kratze, fällt mir ein Artikel ein, den meine Schwester mir unlängst sandte.
Die Weihnachtsansprache unseres bis vor Kurzem noch Bundespräsidenten Joachim Gauk.
Titel: “Die Angst hat uns nicht”.
Das ist doch eing guter Anfang, denke ich, denn Vieles, was man heutzutage aus Amerika, und nicht nur von dort, hört, ängstigt mich.
“Wir spüren die Angst”, sagt Joachim Gauk nachdem Angriff auf Weihnachtsmarktbesucher in Berlin, und beschreibt die Gefühle der Wut, des Zorns, der Angst und der Ohnmacht. Jedoch, er spricht weiter:
“Wir spüren die Angst – aber die Angst hat uns nicht. Wir spüren die Ohnmacht – aber die Ohnmacht hat uns nicht. Wir spüren die Wut – aber die Wut hat uns nicht. Wir sind vielmehr zusammengerückt als die Gemeinschaft derer, die die Mitmenschlichkeit verteidigen.”[i]
Diese Worte berühren mich tief.
Zur Zeit unserer Gesprächsrunde war der neue amerikanische Präsident ja noch ‘jung’ und doch, schon das zeigte sich, dass seine feurigen Reden und seine hasserfüllten Dekrete und Verordnungen überraschende Reaktion in der übrigen Welt auslösten. Da ist der treffende Aufruf “Be Deutsch” vom NEO Magazin Royale. Oder Dänemarks TV2: “All that we share”, das uns zeigt, dass auch ganz unähnliche Mneschen vieles gemeinsam haben.
Und man denke nur an den herrlichen Appell der Holländer: “America First – The Netherlands Second". Jan Böhmermanns Antwort: “Germany Second”. Inzwischen bringen andere Länder schon ihren Sketch, um um die Gunst des Blondierten zu heischen.
In Amerika selbst kommentiert Seth Meyers mit Humor und Intelligenz wunderbar auf der Sendung “A Closer Look”.
Und die Holländer richten einen “Global Abortion Fund” ein, um Frauen zu helfen, denen Trump es unmöglich macht, eine Abtreibung vornehmen zu lassen.[ii]
Die Mitmenschlichkeit verteidigen, sagt Joachim Gauk.
Und: “… gerade in Zeiten terroristischer Attacken sollten wir die Gräben in unserer Gesellschaft nicht vertiefen, weder Gruppen pauschal zu Verdächtigen noch Politiker pauschal zu Schuldigen erklären. Wir sollten das Augenmaß bewahren und die Achtung vor dem politischen Gegner.”
Das ist doch ein guter Ansatz, denke ich! Ich unterstreiche die Passagen mit einem grellgelben Textmarker und entschließe, sie ins Studio mitzunehmen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, Herrn Gauk zu zitieren.
Und ich fange an, mir Punkte zu machen:
Ich möchte nicht in einer Welt leben,
Dass ein Mensch wie Donald Trump die Macht ergreifen kann, ängstigt mich.
Ist da für uns Deutsche nicht eine direkte Korrelation zu Adolf Hitler?
“Nein”, sagen die Herren der Gesprächsrunde. Sie sehen da eher die Ähnlichkeit zu dem italienischen Premierminister, Silvio Berlusconi.
Sicher, Trump teilt Berlusconis ‘showmanship’. Beide sind Geschäftsleute und Millionäre. Beide wissen sich zu präsentieren, in Szene zu setzen. Trump ist genauso extrovertiert, künstlich gebräunt – jedoch beser frisiert und getönt.
Er hat ein Ego, so aufgeblasen, dass man ihn am liebsten anpieksen möchte.
Seine eigenen Aids rennen händeringend hinter ihm her und versuchen einzulenken. Wie Berlusconi regt er sich über Einwanderer und Flüchtlinge auf, verspottet Frauen, und Behinderte, und will der Presse den Mund verbieten; aber für mich ist er mehr.
Haben wir denn schon vergessen, dass er auf seinen Rallys das Publikum herausforderte, Opponenten zu verprügeln? Dass er einen distinguierten Richter lächerlich machte, ihn als einen “so-genannten Richter” in seinem Amt degredierte und sich nicht scheute, unsere Bundeskanzlerin, Angela Merkel, direkt anzugreifen und Deutschlands Flüchtlingspolitik als ‘katastrophal” zu bezeichnen?
Für mich ist der republikanische Präsident ein Ober-Mobber, ein “bully” wie man auf Englisch sagt. Ein Hetzer. Jemand, der seine Macht nutzt, um zu diskriminieren und Menschen an den Pranger zu stellen.
Die Überzeugungskraft, die es ihm erlaubt, die tiefliegendsten, brutalsten Instinkte in einigen Menschen hervorzurufen, zu erwecken, das erinnert mich an den national-sozialistischen Führer des Dritten Reiches.
Mit seinem unverhaltenen Rassismus erteilt er einen Freibrief von oben, Meinungen laut zu äußern, die man zuvor immerhin für sich selbst behalten hat.
Beispiel: Letztens ärgerte sich die nette Cafébesitzerin, bei der wir sonntags immer unseren Cappuccino bestellen, über einen Herrn aus dem Mittelosten, der sich ein Glas Wasser einfüllen wollte, aber noch nichts bestellt hatte. Als er etwas verwirrt das Café verlässt, teilt sie den Kunden, die an der Theke warten, laut mit: “Die sollten alle dahin zurückgehen, wo sie herkommen.”
Weil einige von uns wohl etwas verdattert dreinschauen, fügt sie herausfordernd hinzu: “Wieso? Ich sag doch nur, was ihr alle denkt!” Ach so? Der Cappuccino schmeckt auf einmal nicht mehr so gut.
Nationalismus, der zum Rechtsradikalismus neigt. Ein ganzes Volk ausklammern, für seinen Glauben verdammen. Eine Presse, die dem Führer nach dem Mund redet. Konzentrationslager, Stacheldraht. Krieg. Alles bekannt, oder?
Erinnern wir uns doch an die Welle der Heimatlosen und Vertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg durch Deutschland irrte. Immerhin sind wir in Deutschalnd diesmal besser vorbereitet.
Eine Mauer, die ein Volk einschließt, ausschließt – das kennen wir Deutschen doch zur Genüge.
Die hetzerische Rhetorik des neuesten amerikanischen Präsidenten appelliert an Instinkte, die in unserer Gesellschaft durch Bildung, Erziehung und die Geschichte ausgemerzt sein sollten. Wenn wur ihn also mit jemandem aus der heutigen Zeit vergelichen wollen, ist doch auch der Nordkoreanische ‘Supreme Leader’, Kim Jong-un, naheliegend, oder?
Nicht nur in den USA findet der Rechtsnationalismus neue Anhänger, auch hier in Australien liebäugeln Politiker, die die Stimmen der Wähler heischen, damit. Finden Anhänger.
Ich kann mir nicht helfen – in der SBS Diskussionich rege ich mich auf!
Dr Wiesenfeldts Argumente werden bedachter präsentiert, leuchten ein. “Symbolpolitik”, nennt er die neue amerikanische Richtung. Ganz rational gesehen, erklärt er, war es sogar eine “sinnvolle Wahl”. Viele Amerikaner hatten weder von Hillary Clinton noch von Donald Trump etwas zu erwarten.
Und: “Die Demokraten werden gezwungen sein, ihre Standbilder besser auzusuchen.”
Er beruft sich auf den Aufstand der Zivilbevölkerung, die im Endeffekt auch Berlusconi den Garaus gemacht hat.
Die Herren Wiegel und Wiesenfeldt führen an, wie unsinnig das “7 Länder Einwanderungsverbot” ist, das “handwerklich fähige Führungskräfte”, Besitzer der begehrten Green Card, an der Grenze ausschließt.
Herr Wiegel weist darauf hin, dass viele amerikanische Firmen schon vorsorglich Niederlassungen im Ausland geschaffen haben. (Auch Donald Trump bemerkt das, jammert über diese Abtrünnigen.) Ohne die vielen mexikanischen Arbeitskräfte wird die amerikanische Wirtschaft zumindest kurzfristig ins Schleudern kommen, meint Herr Wiegel. Und: “Eine Mauer hat noch nie Menschen verhindert, Einlass zu gewinnen.”
Handfeste Argumente – aber ich kann nicht umhin, an die menschlichen Kosten zu denken.
Nicht nur für die, die im eigenen Land gejagt oder verfolgt werden, die Haus und Heim, Freunde und Familie verlieren, nur um an den Grenzen abgewiesen zu werden. Auch für die, gegen die in ‘friedlichen‘ Ländern diskriminiert wird, weil sie anders aussehen, sich anders kleiden, oder auf ihre Weise ihrem Gott würdigen; deren Gotteshäuser von Brandstiftern heimgesucht werden, die auf der Straße angepöbelt oder angegriffen werden.
Das Konzept “wir” gegen “die Anderen”, das ist doch eine Höhlenmenschen-Mentalität, oder?
Haben wir denn damals, als z.B. die IRA so aktiv war, alle Iren angegriffen, egal wo sie lebten? Alle Katholiken verbannt und verpönt? Und doch werden in den Köpfen vieler alle Muslime für die Exzesse einiger verantwortlich gemacht.
In seiner Ansprache weist Joachim Gauk auf die christliche Weihnachtsgeschichte zurück. “Friede auf Erden”, sagt er, ist etwas wonach wir uns gerade jetzt, in einer Zeit der Unruhen, des Unfrieden und der Kriege und Kriegsbedrohungen, besonders sehnen.
“Und wir spüren: Dieses Wort vom Frieden, es meint uns. Es sucht unseren Mut, unsere Verantwortungbereitschaft, auch unsere Weisheit und Fähigkeit, Mitmensch zu sein.”
‘Schuld’ an dieser ungewöhnlichen Besetzung des Top Jobs in den USA sind zum Teil das Fehlen der Wahlpflicht in Amerika – obwohl man dem amerikanischen Volk doch etwas mehr Intelligenz zumutet -, und das veralterte System der “College Vote”.
Das muss ich mal nachlesen: Ein Gesetz, von den alten Puritanern heruntergreicht! Die vertrauten dem Fussvolk nicht genügend, um sie den Präsidenten wählen zu lassen! Stattdessen bestimmten sie, das eine Gruppe, ein “College”, von 538 Wahlmännern, die ihre Staaten repräsentieren, die Wahl entscheiden dürfen.
Ja, und so sitzt nun in Amerika ein Präsident, der Twitter zum Heiligen Gral erhoben hat - praktisch natürlich, denn wie besser errreicht man die Massen und beeinflusst die Meinung des Volkes mit kleinen, nicht gerade anspruchsvollen Bissen von “Wahrheit”?
Wie wird man den wieder los?
Die Diskussion geht weiter, lange nachdem Christian Froelicher die Mikrophone ausgeschaltet hat. Es gibt anscheinend mehrere Möglichkeiten, einen amerikanischen Präsidenten loszuwerden:
Spürt man schon etwas davon? Tritt er niccht sogar seiner ersten Ansprache vor dem Congress mit einem Hauch von Demut entgegen? Verspricht er doch, sich zu bessern, etwas bedachter in seinen Aussprüchen zu sein?
Und doch hört man in den Nachrichten, dass (noch) mehr Geld in die Army und den Krieg im Mittelosten investiert werden soll. Zapft er da die Angst der Mehrheit an, die sich bedroht fühlt, von dieser Masse von “baddies”, die Amerika angeblich infiltrieren wollen? Will er sich damit beim Volk zum Liebkind machen? (Ist uns Deutschen diese Rhetorik nicht genügend bekannt?) Haben nicht schon andere amerikanische Präsidenten vor ihm diesen Weg ins brutale Zuschlagen gewählt und verloren?
Und: Sind die Bösen wirklich ‘draußen’, außerhalb der amerikanischen Grenzen? Passieren nicht viel mehr Angriffe innerhalb von Amerika, an Amerikanern von Amerikanern (einige Mitglieder der Polizei, die allzu eifrig zur Waffe greifen)?
Joachim Glauck erinnert in seiner Ansprache noch einmal an die christliche Weihnachtsbotschaft: “Beziehen wir diese Botschaft auf uns, so kann sie uns inspirieren, empfindsam, zugewandt und hilfsbereit zu leben. Dann schlagen Wut und Zorn nicht in Hass um. Dann können sich Wut und Zorn in Kräfte verwandeln, die dem Hass, der Gewalt und der Verachtung des Anderen wehren. Dann bleibt unsere Gesellschaft ein Ort des solidarischen Miteinanders.”
Eine Freundin meinte letztens : “Wir leben doch in einer Welt. Wir haben keine andere. Können wir da nicht miteinader leben, einander respektieren?”
Doch, oder?
[i] alle Zitate von Joachim Gauk: “Die Angst hat uns nicht” im Inselboten, shz, Weihnachten 2016
[ii] NEO Magazin: “Be Deutsch”
EUphoria : “America First – The Netherlands Second”
Jan Böhmermann: “Germany Second”
Denmark TV2: “All that we share”
Seth Meyers: “A Closer Look”
ABC News: “Netherlands Government launches global abortion fund to counter Trump cuts”
Photo
Dr. Gerhard Wiesenfeldt, Uni Melbourne; Christian Froelicher, SBS German; Klaus Wiegel, Unternehmensberater; Sabine Nielsen, Autorin
Die Weihnachtsansprache unseres bis vor Kurzem noch Bundespräsidenten Joachim Gauk.
Titel: “Die Angst hat uns nicht”.
Das ist doch eing guter Anfang, denke ich, denn Vieles, was man heutzutage aus Amerika, und nicht nur von dort, hört, ängstigt mich.
“Wir spüren die Angst”, sagt Joachim Gauk nachdem Angriff auf Weihnachtsmarktbesucher in Berlin, und beschreibt die Gefühle der Wut, des Zorns, der Angst und der Ohnmacht. Jedoch, er spricht weiter:
“Wir spüren die Angst – aber die Angst hat uns nicht. Wir spüren die Ohnmacht – aber die Ohnmacht hat uns nicht. Wir spüren die Wut – aber die Wut hat uns nicht. Wir sind vielmehr zusammengerückt als die Gemeinschaft derer, die die Mitmenschlichkeit verteidigen.”[i]
Diese Worte berühren mich tief.
Zur Zeit unserer Gesprächsrunde war der neue amerikanische Präsident ja noch ‘jung’ und doch, schon das zeigte sich, dass seine feurigen Reden und seine hasserfüllten Dekrete und Verordnungen überraschende Reaktion in der übrigen Welt auslösten. Da ist der treffende Aufruf “Be Deutsch” vom NEO Magazin Royale. Oder Dänemarks TV2: “All that we share”, das uns zeigt, dass auch ganz unähnliche Mneschen vieles gemeinsam haben.
Und man denke nur an den herrlichen Appell der Holländer: “America First – The Netherlands Second". Jan Böhmermanns Antwort: “Germany Second”. Inzwischen bringen andere Länder schon ihren Sketch, um um die Gunst des Blondierten zu heischen.
In Amerika selbst kommentiert Seth Meyers mit Humor und Intelligenz wunderbar auf der Sendung “A Closer Look”.
Und die Holländer richten einen “Global Abortion Fund” ein, um Frauen zu helfen, denen Trump es unmöglich macht, eine Abtreibung vornehmen zu lassen.[ii]
Die Mitmenschlichkeit verteidigen, sagt Joachim Gauk.
Und: “… gerade in Zeiten terroristischer Attacken sollten wir die Gräben in unserer Gesellschaft nicht vertiefen, weder Gruppen pauschal zu Verdächtigen noch Politiker pauschal zu Schuldigen erklären. Wir sollten das Augenmaß bewahren und die Achtung vor dem politischen Gegner.”
Das ist doch ein guter Ansatz, denke ich! Ich unterstreiche die Passagen mit einem grellgelben Textmarker und entschließe, sie ins Studio mitzunehmen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, Herrn Gauk zu zitieren.
Und ich fange an, mir Punkte zu machen:
Ich möchte nicht in einer Welt leben,
- in der ein Volk, das durch einen Glauben verbunden ist, pauschal verdammt und verurteilt wird
- in der alle Muslime zum Schwarzen Peter ernannt werden
- in der Folter akzeptable ist
- in der wieder Mauern gebaut werden
- in der die Umwelt bedacht zerstört werden soll
- in der Atomaufrüstung gefördert wird
- in der die Presse mundtot gemacht wird
- in der das Recht der Frauen, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, und sich zu einer Abtreibung zu entschließen, anulliert wird – während die Männer die an der Zeugung des Kindes genau so beteiligt sind, nicht bestraft werden sollen
- in der jemand, der sich gegen Donald Trump ausspricht (z.B. die Schauspielerin Meryl Streep), nicht sachlich sondern persönlich angegriffen wird
Dass ein Mensch wie Donald Trump die Macht ergreifen kann, ängstigt mich.
Ist da für uns Deutsche nicht eine direkte Korrelation zu Adolf Hitler?
“Nein”, sagen die Herren der Gesprächsrunde. Sie sehen da eher die Ähnlichkeit zu dem italienischen Premierminister, Silvio Berlusconi.
Sicher, Trump teilt Berlusconis ‘showmanship’. Beide sind Geschäftsleute und Millionäre. Beide wissen sich zu präsentieren, in Szene zu setzen. Trump ist genauso extrovertiert, künstlich gebräunt – jedoch beser frisiert und getönt.
Er hat ein Ego, so aufgeblasen, dass man ihn am liebsten anpieksen möchte.
Seine eigenen Aids rennen händeringend hinter ihm her und versuchen einzulenken. Wie Berlusconi regt er sich über Einwanderer und Flüchtlinge auf, verspottet Frauen, und Behinderte, und will der Presse den Mund verbieten; aber für mich ist er mehr.
Haben wir denn schon vergessen, dass er auf seinen Rallys das Publikum herausforderte, Opponenten zu verprügeln? Dass er einen distinguierten Richter lächerlich machte, ihn als einen “so-genannten Richter” in seinem Amt degredierte und sich nicht scheute, unsere Bundeskanzlerin, Angela Merkel, direkt anzugreifen und Deutschlands Flüchtlingspolitik als ‘katastrophal” zu bezeichnen?
Für mich ist der republikanische Präsident ein Ober-Mobber, ein “bully” wie man auf Englisch sagt. Ein Hetzer. Jemand, der seine Macht nutzt, um zu diskriminieren und Menschen an den Pranger zu stellen.
Die Überzeugungskraft, die es ihm erlaubt, die tiefliegendsten, brutalsten Instinkte in einigen Menschen hervorzurufen, zu erwecken, das erinnert mich an den national-sozialistischen Führer des Dritten Reiches.
Mit seinem unverhaltenen Rassismus erteilt er einen Freibrief von oben, Meinungen laut zu äußern, die man zuvor immerhin für sich selbst behalten hat.
Beispiel: Letztens ärgerte sich die nette Cafébesitzerin, bei der wir sonntags immer unseren Cappuccino bestellen, über einen Herrn aus dem Mittelosten, der sich ein Glas Wasser einfüllen wollte, aber noch nichts bestellt hatte. Als er etwas verwirrt das Café verlässt, teilt sie den Kunden, die an der Theke warten, laut mit: “Die sollten alle dahin zurückgehen, wo sie herkommen.”
Weil einige von uns wohl etwas verdattert dreinschauen, fügt sie herausfordernd hinzu: “Wieso? Ich sag doch nur, was ihr alle denkt!” Ach so? Der Cappuccino schmeckt auf einmal nicht mehr so gut.
Nationalismus, der zum Rechtsradikalismus neigt. Ein ganzes Volk ausklammern, für seinen Glauben verdammen. Eine Presse, die dem Führer nach dem Mund redet. Konzentrationslager, Stacheldraht. Krieg. Alles bekannt, oder?
Erinnern wir uns doch an die Welle der Heimatlosen und Vertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg durch Deutschland irrte. Immerhin sind wir in Deutschalnd diesmal besser vorbereitet.
Eine Mauer, die ein Volk einschließt, ausschließt – das kennen wir Deutschen doch zur Genüge.
Die hetzerische Rhetorik des neuesten amerikanischen Präsidenten appelliert an Instinkte, die in unserer Gesellschaft durch Bildung, Erziehung und die Geschichte ausgemerzt sein sollten. Wenn wur ihn also mit jemandem aus der heutigen Zeit vergelichen wollen, ist doch auch der Nordkoreanische ‘Supreme Leader’, Kim Jong-un, naheliegend, oder?
Nicht nur in den USA findet der Rechtsnationalismus neue Anhänger, auch hier in Australien liebäugeln Politiker, die die Stimmen der Wähler heischen, damit. Finden Anhänger.
Ich kann mir nicht helfen – in der SBS Diskussionich rege ich mich auf!
Dr Wiesenfeldts Argumente werden bedachter präsentiert, leuchten ein. “Symbolpolitik”, nennt er die neue amerikanische Richtung. Ganz rational gesehen, erklärt er, war es sogar eine “sinnvolle Wahl”. Viele Amerikaner hatten weder von Hillary Clinton noch von Donald Trump etwas zu erwarten.
Und: “Die Demokraten werden gezwungen sein, ihre Standbilder besser auzusuchen.”
Er beruft sich auf den Aufstand der Zivilbevölkerung, die im Endeffekt auch Berlusconi den Garaus gemacht hat.
Die Herren Wiegel und Wiesenfeldt führen an, wie unsinnig das “7 Länder Einwanderungsverbot” ist, das “handwerklich fähige Führungskräfte”, Besitzer der begehrten Green Card, an der Grenze ausschließt.
Herr Wiegel weist darauf hin, dass viele amerikanische Firmen schon vorsorglich Niederlassungen im Ausland geschaffen haben. (Auch Donald Trump bemerkt das, jammert über diese Abtrünnigen.) Ohne die vielen mexikanischen Arbeitskräfte wird die amerikanische Wirtschaft zumindest kurzfristig ins Schleudern kommen, meint Herr Wiegel. Und: “Eine Mauer hat noch nie Menschen verhindert, Einlass zu gewinnen.”
Handfeste Argumente – aber ich kann nicht umhin, an die menschlichen Kosten zu denken.
Nicht nur für die, die im eigenen Land gejagt oder verfolgt werden, die Haus und Heim, Freunde und Familie verlieren, nur um an den Grenzen abgewiesen zu werden. Auch für die, gegen die in ‘friedlichen‘ Ländern diskriminiert wird, weil sie anders aussehen, sich anders kleiden, oder auf ihre Weise ihrem Gott würdigen; deren Gotteshäuser von Brandstiftern heimgesucht werden, die auf der Straße angepöbelt oder angegriffen werden.
Das Konzept “wir” gegen “die Anderen”, das ist doch eine Höhlenmenschen-Mentalität, oder?
Haben wir denn damals, als z.B. die IRA so aktiv war, alle Iren angegriffen, egal wo sie lebten? Alle Katholiken verbannt und verpönt? Und doch werden in den Köpfen vieler alle Muslime für die Exzesse einiger verantwortlich gemacht.
In seiner Ansprache weist Joachim Gauk auf die christliche Weihnachtsgeschichte zurück. “Friede auf Erden”, sagt er, ist etwas wonach wir uns gerade jetzt, in einer Zeit der Unruhen, des Unfrieden und der Kriege und Kriegsbedrohungen, besonders sehnen.
“Und wir spüren: Dieses Wort vom Frieden, es meint uns. Es sucht unseren Mut, unsere Verantwortungbereitschaft, auch unsere Weisheit und Fähigkeit, Mitmensch zu sein.”
‘Schuld’ an dieser ungewöhnlichen Besetzung des Top Jobs in den USA sind zum Teil das Fehlen der Wahlpflicht in Amerika – obwohl man dem amerikanischen Volk doch etwas mehr Intelligenz zumutet -, und das veralterte System der “College Vote”.
Das muss ich mal nachlesen: Ein Gesetz, von den alten Puritanern heruntergreicht! Die vertrauten dem Fussvolk nicht genügend, um sie den Präsidenten wählen zu lassen! Stattdessen bestimmten sie, das eine Gruppe, ein “College”, von 538 Wahlmännern, die ihre Staaten repräsentieren, die Wahl entscheiden dürfen.
Ja, und so sitzt nun in Amerika ein Präsident, der Twitter zum Heiligen Gral erhoben hat - praktisch natürlich, denn wie besser errreicht man die Massen und beeinflusst die Meinung des Volkes mit kleinen, nicht gerade anspruchsvollen Bissen von “Wahrheit”?
Wie wird man den wieder los?
Die Diskussion geht weiter, lange nachdem Christian Froelicher die Mikrophone ausgeschaltet hat. Es gibt anscheinend mehrere Möglichkeiten, einen amerikanischen Präsidenten loszuwerden:
- entweder macht er sich, ähnlich Richard Nixons, eines Verfassungsbruches schuldig
- oder die Republikaner merken selbst: Der schadet uns so sehr, den setzen wir ab
- oder er führt seinen Kurs so weiter fort, bis er selbst merkt, er verliert seine Popularität und ändert sich.
Spürt man schon etwas davon? Tritt er niccht sogar seiner ersten Ansprache vor dem Congress mit einem Hauch von Demut entgegen? Verspricht er doch, sich zu bessern, etwas bedachter in seinen Aussprüchen zu sein?
Und doch hört man in den Nachrichten, dass (noch) mehr Geld in die Army und den Krieg im Mittelosten investiert werden soll. Zapft er da die Angst der Mehrheit an, die sich bedroht fühlt, von dieser Masse von “baddies”, die Amerika angeblich infiltrieren wollen? Will er sich damit beim Volk zum Liebkind machen? (Ist uns Deutschen diese Rhetorik nicht genügend bekannt?) Haben nicht schon andere amerikanische Präsidenten vor ihm diesen Weg ins brutale Zuschlagen gewählt und verloren?
Und: Sind die Bösen wirklich ‘draußen’, außerhalb der amerikanischen Grenzen? Passieren nicht viel mehr Angriffe innerhalb von Amerika, an Amerikanern von Amerikanern (einige Mitglieder der Polizei, die allzu eifrig zur Waffe greifen)?
Joachim Glauck erinnert in seiner Ansprache noch einmal an die christliche Weihnachtsbotschaft: “Beziehen wir diese Botschaft auf uns, so kann sie uns inspirieren, empfindsam, zugewandt und hilfsbereit zu leben. Dann schlagen Wut und Zorn nicht in Hass um. Dann können sich Wut und Zorn in Kräfte verwandeln, die dem Hass, der Gewalt und der Verachtung des Anderen wehren. Dann bleibt unsere Gesellschaft ein Ort des solidarischen Miteinanders.”
Eine Freundin meinte letztens : “Wir leben doch in einer Welt. Wir haben keine andere. Können wir da nicht miteinader leben, einander respektieren?”
Doch, oder?
[i] alle Zitate von Joachim Gauk: “Die Angst hat uns nicht” im Inselboten, shz, Weihnachten 2016
[ii] NEO Magazin: “Be Deutsch”
EUphoria : “America First – The Netherlands Second”
Jan Böhmermann: “Germany Second”
Denmark TV2: “All that we share”
Seth Meyers: “A Closer Look”
ABC News: “Netherlands Government launches global abortion fund to counter Trump cuts”
Photo
Dr. Gerhard Wiesenfeldt, Uni Melbourne; Christian Froelicher, SBS German; Klaus Wiegel, Unternehmensberater; Sabine Nielsen, Autorin